Wechsel von Erdgas zu Flüssiggas (LPG)

Herausforderungen für Gewerbe und Industrie

Die Nachfrage nach alternativen Produkten zum leitungsgebunden Energieträger Erdgas ist hoch.

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Der Energieträger Flüssiggas (LPG) eignet sich auf Grund seiner Eigenschaften hervorragend als Substitut für Erdgas, denn er ist zum einen leitungsunabhängig und damit nicht abhängig vom Erdgasnetz und zum anderen sehr oft kompatibel mit vielen bestehenden Verbrauchsgeräten (Gase der 3 Gasfamilie nach DVGW G 260), die auf Erdgas Basis arbeiten. 

Die grundsächlichen Rahmenbedingungen für den Wechsel von Erdgas zu Flüssiggas bzw. für Flüssiggas als Ersatzversorgung sind sehr gut, allerdings muss im Einzelfall immer die Machbarkeit der neuen Versorgungslösung mit Hinblick auf die Versorgungsaufgabe bewertet werden.

Die Beantwortung der folgenden fünf Fragestellungen, die im Inhaltsverzeichnis stehen, kann vorab helfen, zu klären, ob Flüssiggas als neue Versorgungslösung überhaupt in Betracht gezogen werden kann.

Exkurs: Was ist Flüssiggas?

Flüssiggas (LPG) besteht aus Propan(C3H8), Butan (C4H10) oder dem Gemisch beider Gase. Das Standardprodukt im Flüssiggasvertrieb ist Propan nach DIN 51622.

Flüssiggas ist ein Begleitgas, was bei der Förderung von Erdgas und Erdöl anfällt.

Der Energieträger Flüssiggas besitzt zwei Eigenschaften, die es von allen anderen gasförmigen Energieträgern abhebt:

  1. Im Normalzustand ist Flüssiggas gasförmig, aber es verflüssigt sich, bei relativ geringem Druck (6-8bar und Raumtemperatur). Das Volumen von LPG ist flüssig um das 260-fache geringer als im gasförmigen Zustand.
  2. Flüssiggas ist nicht leitungsgebunden, da es im flüssigen Zustand in Tanks oder Flaschen transportiert und gelagert werden kann.

Tabelle 1: Wesentliche Unterschiede zwischen Flüssiggas und Erdgas

 

Erdgas (CNG)
L-Gas (H-Gas) Mittelwerte

Flüssiggas LPG

Hauptbestandteil

Methan CH4

Propan C3H8

Gasfamilie

 1.Gasfamilie

2.Gasfamilie

Brennwert HS in kWh/m3

9,8 (11,4)

28,3

Heizwert Hi in kWh/m3

8,9 (10,4)

25,9

Transport

leitungsgebunden

leitungsunabhängig

CO2-Äquivalent in g/kWh Endenergie

249

263

 

 

Eignen sich die bestehenden Geräte/ Anlagen für Flüssiggas?

Erdgas und Flüssiggas werden zwar unterschiedlichen Gasfamilien zugeordnet, aber grundsätzlich können Gasgeräte mit einer oder mehreren Gasfamilien kompatibel sein. Einen ersten Überblick gibt das DVGW-Arbeitsblatt G 600 (DVGW-TRGI) und die DIN EN 437 „Prüfgase - Prüfdrücke – Gerätekategorien“. Hier werden Gasgeräte danach unterschieden, mit welchem Gas aus welcher Gasfamilie sie betrieben werden können:

Tabelle 2: Unterscheidung Gasgeräte und Gasfamilien

Kat. I: Geeignet für Gase einer Gasfamilie / Kat. II: Geeignet für Gas von zwei Gasfamilien / Kat. II: Für alle Gasfamilien geeignet. Folgende Gasgeräte-Kategorien werden in Deutschland überwiegend verwendet:

Gasfamilien

Einzelkategorie (I) / Doppelkategorie (II)

Versorgungsdruck hPa7 (mbar)

Erdgas

I2E; I2N; I2R; I2ELL

20

Flüssiggas

 I3B/P; I3P8; I3R

50

Erdgas/Flüssiggas

II2ELL3B/P; II2E8/P; II2R3R; II2N3P8,9; II2ELL3P8,9

20 / 50

7) EG- Gasgeräteverodnung (EU) 2016/426 fordert die Kennzeichnung des Anschlussdruckes auf dem Typschild/Gasgerät in der Einheit "mbar"
8) Bei Flaschenversorgung mit Flüssiggasen nach DIN 51622 kann nicht sicher gestellt werden, das nur reines Propan geliefert wird.
9) Diese Kategorien sind noch nicht in der DIN EN 437 enthalten.

Somit muss jedes Gasgerät, welches für die Flüssiggasversorgung vorgesehen ist, auf seine Flüssiggaseignung geprüft werden.
Für die Umstellung der Geräte ist mit handwerklichen Arbeiten am Gerät, wie der Anpassung des Gasdruckreglers, zu rechnen.

WICHTIG: Dies kann eine Außerbetriebnahme der Anlage erforderlich machen.

Besteht eine flüssiggastaugliche Leitungsinfrastruktur?

Da es sich beim Flüssiggas um einen leitungsunabhängigen Energieträger handelt, der mittels Lagerbehältern auf dem Firmengelände aufgestellt wird, unterscheidet er sich bei der Bereitstellung wesentlich vom Erdgas.

Beim Flüssiggas werden drei Druckstufen unterschieden.
Am Gasphaseausgang der sich am Lagerbehälter oder am dahinter geschalteten Verdampfer befindet, herrscht ein ungeregelter Druck. Dieser wird in zwei Druckstufen auf den Standardgerätedruck heruntergeregelt.  

Auch wenn die eingesetzten Bauteile in der Leitungsinstallation für beide Energieträger kompatibel sind, so sind die unterschiedlichen Druckstufen für die notwenigen Rohrleitungen entscheidend.

Folgende Punkte müssen berücksichtigt werden:

  • Druckreglerkonzept
  • Eignung Rohrleitung für vorgesehene Druckstufe
  • Dimensionierung Gasdurchfluss
  • Dichtheitsanforderungen

Tabelle 3: Übersicht Druckstufen bei Flüssiggas

Phase

Druck

PS der Anlageteile

Flüssigphase & ungeregelte Gasphase

25 bar

25 bar

Geregelte Gasphase "Mitteldruck"

0,7 bar oder 1,5 bar

5 bar

Verbrauchsgerätedruck "Niederdruck"

0,05 bar

0,5 bar

 

HINWEIS zu Flüssiggasbehälter als "Backup"

Einen betriebsfähigen Flüssiggasbehälter ohne angeschlossenes Rohrleitungssystem, als Backup zu halten ist nicht möglich, denn erst nach der fachmännischen und bescheinigten Abnahme der Leitungsanlage, darf der Flüssiggasbehälter befüllt werden.  

Ist die Dimension der Versorgungsanlage für Flüssiggas geeignet?

Drei wesentliche Faktoren sind bei der Dimensionierung der Versorgungsanlage mit Flüssiggas zu berücksichtigen:

1. Logistische Grenzen und Maximalkapazitäten

Der Vorteil der Leitungsunabhängigkeit des Energieträgers Flüssiggas führt zu logistischen Grenzen, da Schiffe, Eisenbahnkesselwagen und Tankwagen festgelegte Maximalkapazitäten haben.

Tabelle 4: Transportmöglichkeiten für Flüssiggas und deren Kapazitäten

Transport

Kapazität

Tankwagen (TKW)

6 – 11 Tonnen (Verteilerfahrzeug)
18 – 22 Tonnen (Sattelauflieger)

Eisenbahnkesselwagen (EKW)

30 – 45 Tonnen

 

2. Tankgrößen und Genehmigungen

Auf dem Firmengelände erfolgt die Flüssiggas-Einlagerung in ortsfesten Tanks, für die es festgelegte Grenzen gibt. Mehr dazu im Abschnitt Lagerung von Flüssiggasbehälter auf dem Betriebsgelände.

3. Flüssiggasverbrauch anhand des durchschnittlichen Wärmebedarfs

Der Flüssiggasverbrauch hängt vom durchschnittlichen Wärmebedarf ab. Dieser bemisst sich an der Durchschnittsleistung der Anlage, der Spitzenlast und der Dauerlast. Alle drei Werte sind entscheidend für die Wahl der richtigen Tankgröße und des entsprechenden Verdampfers (falls nötig).

Die Durchschnittsleistung der Anlage gibt dabei an, wie viel Energie die Anlage in einem bestimmten Zeitraum durchschnittlich verbraucht. Bei einem konstanten Verbrauch reicht dieser Wert aus, um ein Aufmaß der Anlage zu erstellen.

Schwankt der Energiebedarf und gibt es Zeiten mit kurzfristigem hohem Energieaufkommen, dann müssen diese Spitzenlasten ebenfalls berücksichtigt werden.

Die Spitzenlast bezeichnet dabei einen kurzzeitigen Energieanstieg. Dieser kurzzeitige hohe Energiebedarf muss durch die Verbrauchsanlage ebenfalls abgedeckt werden. Für den Energieträger Flüssiggas bedeutet dies, dass sich die Wahl der Tankgröße und des möglichen Verdampfers nach der Spitzenlast richtet.

Der DVFG hat in seiner Fachinformation „Wechsel zu Flüssiggas (LPG) oder Ersatzversorgung mit Flüssiggas (LPG) in Industrie- und Gewerbeanlagen“ eine Tabelle zur Orientierung über darstellbare Spitzenlasten abgebildet:

Tabelle 5: Darstellbare Spitzenlastabdeckungen im Flüssiggas

SPITZENLAST FLÜSSIGGASVERBRAUCH HÖCHSTWERT ORIENTIERUNGSWERT SPITZENLASTABDECKUNG
50 kW 3,9 kg/h 2,9 t Tank Naturverdampfung (kurzzeitig, 20 Min.)

 

100 kW

 

7,8 kg/h

2,9 t Tank Naturverdampfung (kurzzeitig, 20 Min.)

29 t Tank Naturverdampfung oder Trockenverdampfer mit Drehstromanschluss (400V)

500 kW 39 kg/h 29 t Tank Naturverdampfung oder Trockenverdampfer mit Drehstromanschluss (400V)
1 MW 78 kg/h Elektrisch beheizter Trockenverdampfer mit Drehstromanschluss (400 V)
5 MW 390 kg/h Nassverdampfer Industrieanlage
10 MW 780 kg/h Nassverdampfer Industrieanlage
100 MW 7800 kg/h Kaskadierung Industrieverdampfer
>200 MW >15000 kg/h Kaskadierung Industrieverdampfer

Quelle: DVFG Fachinformation „Wechsel zu Flüssiggas (LPG) oder Ersatzversorgung mit Flüssiggas (LPG) in Industrie- und Gewerbeanlagen“, 2022-08, S.6

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Exkurs: Verdampfer

Ein Verdampfer wird in einer Flüssiggasanlage immer dann benötigt, wenn die maximale Entnahmeleistung des Gastanks nicht ausreicht. Bei hohen Energie-Entnahmemengen kann die Expansionskälte, die beim Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand entsteht, nicht mehr automatisch ausgeglichen werden und daher kommt es zur Eisbildung am Tank. Dies führt zur Unterbrechung der Energieversorgung. Ein Verdampfer führt dem flüssigen Gas bei der Verdampfung zusätzlich Wärme hinzu und erhöht dadurch die Leistungsabgabe die aus einem Tank realisiert werden kann.

Je nach Entnahmeleistung wird zwischen zwei Verdampferarten unterschieden. Der Trockenverdampfer wird bei einer mittleren Entnahmeleistung verwendet. Bei sehr hoher Entnahmeleistung muss ein Nassverdampfer eingesetzt werden.

Ein Verdampfer muss aber nicht zwangsläufig eingesetzt werden, um die Dauerlast der Anlage abzudecken. Die Behältergröße und die Lagerungsart haben ebenfalls Einfluss auf die Verdampfungsleistung.

So haben größere und unterirdische bzw. erdgedeckte Behälter eine höhere Verdampfungsleistung.

Anhand von drei Tankgrößen wird in der Tabelle die maximale Dauerentnahme und Dauerleistung eines Tanks aufgeführt. Liegen die Werte der Anlage oberhalb der angegebenen Werte, muss ein Verdampfer eingesetzt werden.

Tabelle 6: Dauerentnahme und Dauerleistung bei verschiedenen Tankgrößen und Einlagerungsarten

Tank

Maximale Dauerentnahme

Maximale Dauerleistung

2,9 t oberirdisch

4,4 kg/h (Winter)

56 kW

2,9 t erdgedeckt

6 kg/h

77 kW

29 t erdgedeckt

60 kg/h

770 kW

Quelle: DVFG Fachinformation „Wechsel zu Flüssiggas (LPG) oder Ersatzversorgung mit Flüssiggas (LPG) in Industrie- und Gewerbeanlagen“, 2022-08, S.7

Verfügt das Betriebsgelände über genügend Platz für die Lagerung von Flüssiggas-Lagerbehältern?

Für die Aufstellung bzw. Einlagerung eines Flüssiggas-Behälters gelten strenge Regeln, da es sich um eine überwachungsbedürftige Anlage handelt. Der Grund für diese strengen Auflagen liegt in den Eigenschaften des Produktes Flüssiggas. Es ist entzündlich, schwerer als Luft und es entzieht der Umgebung Wärme.   

Die Technischen Regeln Flüssiggas (TRF) und die TRBS 3146/TRGA 746 „Ortsfeste Druckanlagen für Gase“ definieren die genauen Bedingungen. Um alle Möglichkeiten auszuschöpfen und alle Bedingungen einzuhalten ist eine Vorab-Begutachtung von einer fachkundigen Person erforderlich.

 Nachfolgend finden Sie eine grobe Auflistung der wesentlichen Bedingungen:

Grundsätzlich gilt, dass Flüssiggasbehälter unter 3 t keine Genehmigung benötigen.
Für jeden Behälter ab 3 t oder mehrere Behälter, die zusammen mehr als 3 t lagern, ist eine Baugenehmigung und eine Genehmigung für die Lageranlage nach 4. BImSchV notwendig.   
Je größer und komplexer die Anlagen desto aufwändiger werden die Genehmigungsverfahren ( siehe Tabelle 7: Tankgrößen und Genehmigungen).

 

Es müssen alle Gefährdungen, die beim Errichten, Aufstellen, Befüllen, Lagern, Entleeren, Instandhalten, Stillsetzen und Demontieren von Flüssiggasbehältern ermittelt werden.

a) Errichten von Schutzzone und Sicherheitsabständen
3 m um die Armatur muss eine Schutzzone eingerichtet werden, da sich hier eine explosionsfähige Mischung bilden kann.
Darüber hinaus muss der Aufstellort im gewerblichen Bereich so gewählt werden, dass immer mindestens 5 m Sicherheitsabstand vom Behälter und Verdampfer zu Kanälen, Schächten und Öffnungen eingehalten wird.
 

b) Schutzmaßnahmen vor Brandlasten und Beschädigungen
Der Sicherheitsabstand von 5 m gilt auch zu entsprechenden Brandlasten. Durch die Aufstellung von Schutzwänden kann den Abstand verringert werden.
Als Brandlast gilt ein brennbarer Stoff in der Umgebung des Behälters, der im Brandfall eine potenzielle Gefährdung für die Anlage darstellt.

Ebenso muss die Anlage durch Abfahrschutz oder ausreichenden Schutzabstand vor mechanischer Beschädigung geschützt werden.

Zum Befüllen und für entsprechende Prüfungen muss die Flüssiggasanlage jederzeit problemlos zugänglich sein.

Tabelle 7: Tankgrößen und Genehmigungen
 

Tankgröße

Lagerungsart

Anmerkung

Genehmigungsfreie Tankanlagen

1,2 Tonnen / 15.400 kWh

Ober- und unterirdische Lagerung möglich

 

2,1 Tonnen / 28.140 kWh

Ober- und unterirdische Lagerung möglich

 

2,9 Tonnen / 37.300 kWh

Ober- und unterirdische Lagerung möglich

 

 

 

 

Genemigungsbedürftige Industrietanks

29 Tonnen / 373.000 kWh

Unterirdisch

vereinfachtes Genehmigungsverfahren 4. BImSchV ohne Öffentlichkeitsbeteiligung + Baugenehmigung)

49 Tonnen / 631.000 kWh

Unterirdisch

größter Industrietank unterhalb der Grenze der Störfallverordnung

Wie groß ist der Zeitrahmen für die Realisierung der neuen oder zusätzlichen Versorgungsanlage?

Tankanlagen mit Behältergrößen < 3 t können zeitnah installiert werden. Alle Anlagen, die genehmigungspflichtig sind benötigen eine lange bis sehr lange Vorlaufzeit. Je größer die geplante Anlage umso länger dauert es. Der Umfang an benötigten Genehmigungen und zu involvierenden Beteiligten steigt, ebenso  wie die Zeit zur Herstellung des benötigten Industriebehälters.

Die Realisierung einer Flüssiggas-Großanlage ist zeitintensiv und mit vielen behördlichen Auflagen verbunden. Daher kann es Sinn ergeben mit Teillösungen zu beginnen, indem nicht sofort die gesamte Energieversorgung auf Flüssiggas umgestellt wird.

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