Berliner Dieselgipfel greift zu kurz
Fokussierung auf Elektromobilität verhindert schnelle und bezahlbare Schadstoffverringerung – politische Rahmenbedingungen sind nicht ausreichend auf Zukunftslösungen ausgerichtet
„Politische Vorgaben zur Vermeidung von Fahrverboten dienen zurzeit primär der Förderung der E-Mobilität“, sagt Uwe Thomsen, Geschäftsführer der Propan Rheingas GmbH & Co. KG, beim zweiten Berliner Dieselgipfel, zu dem der regierende Bürgermeister Berlins, Michael Müller (SPD), Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verbänden am Donnerstag, 18. Januar, eingeladen hat.
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Dabei sollte die Technologie, mit der zum Beispiel dieselgetriebene Fahrzeuge ersetzt werden, offen sein, um die Schadstoffemissionen sowohl schnell als auch dauerhaft verringern zu können, betonte Thomsen bei der Diskussion.
„In den nächsten Jahren wird es viele technische Entwicklungen geben. Vielleicht ist der Antrieb der Zukunft noch gar nicht gefunden. Die starke Fokussierung auf eine Elektrifizierung bremst andere Techniken aus“, so Uwe Thomsen. Eine wichtige Entwicklung werde sicherlich die synthetische Herstellung von Kraftstoffen zum Beispiel über Power to Gas oder Power to Liquid sein. Thomsen fordert daher seit langem, dass die Diskussionen und die politischen Entscheidungen für alle Alternativen offen sein müssen, anstatt sich einseitig auf die E-Mobilität als „heiligen Gral“ der Schadstoffreduktion zu fokussieren.
„Es gibt schon jetzt Lösungen, die die Konzentrationen von Feinstaub und Stickoxyden in Ballungsräumen deutlich reduzieren, ohne dass Mobilität und Versorgung zusammenbrechen müssen“, so Thomsen. Die LPG-Technologie in Kraftfahrzeugen zum Beispiel sei ausgereift, bewährt und emissionsarm, zudem sei das Tankstellennetz mit mehr als 7.000 Stationen flächendeckend in Deutschland. In Berlin alleine stehen über 130 LPG-Tankstellen zur Verfügung. Daher sei es wichtig und richtig, dass der Senat prüft, wie die Einbeziehung von gasgetriebenen Fahrzeugen in das Förderspektrum als Zwischenlösung sinnvoll sein kann.
Uwe Thomsen setzt sich vehement für eine schnelle, machbare und bezahlbare Energiewende ein und findet dabei auch Zustimmung von Politikern. „Wir brauchen einen überzeugenden ganzheitlichen Ansatz, um greifbare Verbesserungen für die Menschen, für besonders belastete Stadtquartiere und für eine zukunftsgerechte Mobilität zu erreichen“, sagt auch Klaus Voussem, verkehrspolitischer Sprecher CDU in Nordrhein-Westfalen.
Emissionen reduzieren, Geld sparen
Autogasfahrzeuge stoßen im Schnitt 21 Prozent weniger CO2 aus als Benziner. Eine Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes hat ergeben, dass sich mit dem alternativen Kraftstoff im Fahrbetrieb der Feinstaubausstoß im Vergleich zu benzinbetriebenen Ottomotoren um bis zu 99 Prozent reduzieren lässt. Im Vergleich zu Diesel-Pkws stoßen Autogas-Modelle außerdem nur ein Fünfzigstel der gesundheitsschädlichen Stickstoffoxide aus. Das weiß auch der Gesetzgeber und hat die Steuerermäßigung für LPG-Autos bis Ende 2022 verlängert. Bei einer jährlichen Fahrtleistung von 10.000 Kilometern lassen sich mit Autogas etwa 500 Euro Kraftstoffkosten im Vergleich zu Benzin einsparen. Ein Liter Autogas kostet derzeit etwa 50 bis 60 Cent pro Liter.
Flächendeckende Versorgung
Anders als etwa bei der Elektro- und Wasserstoffmobilität oder Erdgas gibt es bereits heute eine vollständig ausgebaute Infrastruktur für Autogas (LPG). Da Autogas unabhängig von Leitungen ist, kann auch die Versorgung in ländlichen Gebieten ohne Erdgasanschluss sichergestellt werden. So haben in Deutschland etwa 7.000 Tankstellen LPG-Zapfsäulen – das ist fast jede zweite. Europaweit kann an mehr als 40.000 Stationen Autogas gezapft werden.
Um LPG nutzen zu können, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder den Kauf eines entsprechend ausgestatteten Neufahrzeugs oder die Umrüstung des vorhandenen Autos, was bei Benzinern mit durchschnittlich 2.300 Euro zu Buche schlägt. Gut zu wissen: Der ADAC bestätigt regelmäßig, dass fachgerecht umgerüstete Autogas-Fahrzeuge mindestens so sicher sind wie Benzin- oder Dieselfahrzeuge.
Fazit
Durch LPG-Fahrzeuge werden aktuell bereits erhebliche Mengen an CO2, Feinstaub sowie Stickstoffoxiden eingespart. Flüssiggas trägt als führender etablierter alternativer Kraftstoff mit vorhandener Infrastruktur damit wesentlich zur Senkung der Treibhausgasemissionen des Verkehrs sowie zur Verbesserung der Luftqualität in Städten und Ballungsgebieten bei. Gegenwärtig sind in Berlin rund 14.000 LPG-Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs. Würde die Zahl der LPG-Fahrzeuge im Individualverkehr sowie im Güter- und Landwirtschaftsverkehr ansteigen, ließen sich weitere CO2- und Schadstoff-emissionen im Verkehrssektor einsparen und sogar Fahrverbote vermeiden.
Fakten rund ums Autogas
Zum Berliner Dieselgipfel
Die Gesprächsrunde „Sauber. Modern. Leistungsfähig. Zukunft der Berliner Mobilität“ wurde vom Regierenden Bürgermeister, Michael Müller, initiiert. Die beiden Dieselgipfel auf Bundesebene hätten seiner Meinung nach keine tragfähigen Konzepte zur Verbesserung der NOx-Situation in den Innenstädten hervorgebracht. Berlin wolle nicht auf weitere Schritte der Bundesregierung warten und habe selbst die Initiative für eine saubere, moderne und leistungsfähige Mobilität ergriffen. Ziel sei es, durch eine Reduzierung der NOx-Belastung die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner zu verbessern und Fahrverbote zu vermieden. Im September 2017 lud Müller zum ersten Mal Entscheidungsträger der Wissenschaft, Wirtschaft, landeseigenen Unternehmen, Industrie, Wirtschaftsverbänden, Kammern, Gewerkschaften und Umweltschützer vom BUND mit politischen Vertretern ein, um über ein kurzfristiges Maßnahmenpaket zur Vermeidung von Fahrverboten zu diskutieren.